Statistisch ist in den letzten zehn Jahren die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche leicht zurückgegangen. Allerdings muss die Zahl der Abbrüche mit den Geburten- und Schwangerschaftszahlen in Beziehung gesetzt werden, damit sie aussagekräftig wird. Die Zahl der Schwangerschaften hängt eng mit der Zahl der gebärfähigen Frauen (und Trans Männer) zusammen.

Die große Mehrheit der Abbrüche erfolgt nach der Beratungsregelung. Indikationen spielen eine geringe Rolle. Meist erfolgt der Abbruch mittels der Absaugmethode, aber auch Abtreibungspille (Mifegyne®) und Ausschabung werden häufig angewendet.

Die Erstellung der Statistik

Die Statistik für Schwangerschaftsabbrüche wird vom Statistischen Bundesamt (Destatis) erstellt. Es werden die in Deutschland durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche mit Auskunftspflicht erfasst. Auskunftspflichtig sind die Inhaber der Arztpraxen sowie die Leiter der Krankenhäuser.

Schwangerschaftsabbrüche, die trotz der Meldepflicht nicht gemeldet werden, werden ebenso wie illegale Schwangerschaftsabbrüche nicht von der Statistik erfasst. Insofern ist die tatsächliche Zahl der Schwangerschaftsabbrüche etwas höher als von der Statistik angegeben.

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ist im Jahr 2020 mit rund 100.000 gemeldeten Fällen leicht gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen (-0,9 %). Im Jahr 2021 ist sie mit rund 94.600 gemeldeten Fällen gegenüber dem Vorjahr um 5,4 % zurückgegangen. Anhand der vorliegenden Daten ist keine eindeutige Ursache für den stärkeren Rückgang im Jahr 2021 zu erkennen.

Das Alter der Schwangeren, die einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen haben

71 % der Frauen, die 2020 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahren alt. Rund 19 % waren im Alter zwischen 35 und 39 Jahren und 8 % der Frauen waren 40 Jahre und älter, 3 % waren jünger als 18 Jahre.

Rund 41 % der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch kein Kind zur Welt gebracht.

Gründe für den Schwangerschaftsabbruch

96 % der in den Jahren 2020 und 2021 gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Indikationen aus medizinischen Gründen und aufgrund von Sexualdelikten waren in 4 % der Fälle die Begründung für den Abbruch.

Angewandte Methoden

Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (52 %; 2020: 55 %) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt, bei 32 % (2020: 29 %) wurde das Mittel Mifegyne® verwendet.

Ort der Schwangerschaftsabbrüche

Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant – rund 81 % in gynäkologischen Praxen und 16 % ambulant im Krankenhaus.

Zehnjahresvergleich

Im Vergleich zum Jahr 2011 (108 900 Abbrüche) sank die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im Jahr 2021 um 13,1 % bzw. 14 300 Fälle. Überdurchschnittlich stark ging die Zahl in den Altersgruppen 15 bis 17 Jahre (-40,2 % bzw. 1 500 Abbrüche), 18 bis 19 Jahre (-41,3 % bzw. 2 800 Abbrüche) und 20 bis 24 Jahre (-33,8 % bzw. 9 200 Abbrüche) zurück.

Teilweise ist diese Entwicklung darauf zurück zu führen, dass im selben Zeitraum die Zahl der 15- bis 17-jährigen Frauen um 6,7 %, die der 18- bis 19-jährigen Frauen um 11,1 % und die der Frauen im Alter von 20 bis 24 Jahren um 10,1 % gesunken ist.i

Die offizielle Statistik wird nur bis zur 22. Woche in detaillierter Form erstellt. Dabei sind die absoluten Zahlen jenseits der Fristenregelung laut statistischer Vergleichstabelle in den letzten zehn Jahren wenngleich nur leicht, so doch kontinuierlich gestiegen, darunter die sogenannten Spätabbrüche „ab 22. Woche und mehr“ von 447 (in 2012) bis auf 740 (in 2022). Es wird dann aber nicht mehr weiter erfasst und bleibt im Dunkeln, wie viele davon noch etwa nach der 24sten oder 28sten Schwangerschaftswoche erfolgt sind.ii

Begrenzte Aussagekraft der Abbruchszahlen

Dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche zurückgegangen ist, sagt noch nicht viel aus. Vielmehr sind die Abbruchszahlen mit den Geburtenzahlen und den Schwangerschaftszahlen in Beziehung zu setzen. Nur dann bekommen wir ein aussagekräftiges Bild und können erkennen, ob die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche nur deswegen gesunken ist, weil die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter und damit auch die Zahl der Schwangerschaften zurückgegangen ist.iii

Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Wirksamkeit der Schwangerschaftskonfliktberatung bedürfen darüber hinaus weiterer Informationen. So ist zu erheben, wie viele Beratungen durchgeführt wurden und welches die Folgen der Beratung waren. Auch können die Schwangeren selbst befragt werden, ob sie durch die Beratung in ihrer Entscheidung zugunsten der Austragung des Kindes beeinflusst worden sind.

Abhängigkeit der Schwangerschaftsabbrüche von gesetzlichen Regelungen

Ein erleichterter Zugang zu Abtreibung führe laut Bundesverband Lebensrecht e. V. generell zu steigenden und hoch bleibenden Abtreibungszahlen. Der Vergleich mit Staaten, in denen Abtreibung seit (vielen) Jahren leicht zugänglich ist, zeige, dass auch die Abtreibungsquote (Anzahl der Abtreibungen auf 10000 Frauen im gebärfähigen Alter) deutlich höher ist als in Deutschland (62). Kanada liege bei 115, die Niederlande bei 118, Schweden bei 185, Frankreich bei 149, Großbritannien bei über 200.iv

Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e. V. stellt fest, dass nach der Aufhebung des Werbeverbots für Abtreibungen (§ 219a) in sechs aufeinanderfolgenden Quartalen die Abtreibungszahlen gestiegen seien, 2022 allein um nahezu 10 Prozent, im zweiten Quartal des Jahres 2023 um 16,3 % im Vergleich zu 2021.v

i Die Zahlen für 2020 sind ,https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/03/PD21_144_233.html entnommen, die Zahlen für 2021 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/04/PD22_154_233.html (jeweils aufgerufen am 08.04.2022).

ii Vgl. Humanistischer Verband Deutschlands, Bundesverband, Zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts.

iii Vgl. Stellungnahme Prof. Dr. Liane Wörner, LL.M. (UW-Madison), Universität Konstanz zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz.

iv Vgl. Stellungnahme Bundesverband Lebensrecht e.V. vom 09.10.2023 für die Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin Arbeitsgruppe 1 – Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch.

v Vgl. Stellungnahme der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e.V. für die Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin Arbeitsgruppe 1 – Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch, 7. Oktober 2023.